Design Thinking

Was ist Design Thinking und wo kommt es her?

Design Thinking ist eine „Systematische Innovationsmethode, die in allen Lebensbereichen angewendet werden kann.“ 

Der Begriff „Design Thinking“ kann wegen der im deutschen gebräuchlichen Übersetzung des Wortes Design (= künstlerische oder formale Gestaltung von Objekten) falsch interpretiert werden. Das Verb „to design“ meint im englischen Sprachraum mehr den gesamten Prozess, bei dem bewusst und absichtlich Systeme, Objekte oder Strukturen gestaltet werden. Somit kann man „Design Thinking“ mit „erfinderischem Denken“ übersetzen.

Design Thinking kann beispielsweise im Rahmen eines Workshops von 1-3 Tagen angewendet werden. Hierbei ist das Ziel, neue Lösungen für bestehende Probleme zu entwickeln. Diese Entwicklung orientiert sich an den Nutzern der entstehenden Lösungen und erfolgt anhand eines strukturierten und iterativen Prozesses. Die Durchführung des Design Thinking-Ansatzes erfolgt durch ein interdisziplinäres Team.

Allgemein kann der Design Thinking Prozess als Lernprozess angesehen werden. Bei diesem Prozess entwickeln Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen ein Portfolio an Werkzeugen zur Innovationsentwicklung. Mit diesem Wissen können dann wiederum ausgereiftere Lösungen konzipiert werden.

Unsere Vorgehensweise:

Wir gehen nach der Methode des HPI in Potsdam vor. Dabei wird der Prozess in sechs Schritte aufgeteilt. Im Vorfeld ist es wichtig den Suchraum in Form einer Ausgangsfrage, der „Challenge“ einzugrenzen.

Die Challenge beschreibt den Suchraum. Am besten definieren wir diesen in Form eine Ausgangsfrage. Diese könnte beispielsweise lauten: Wie können sich Berufsanfänger in 90 Sekunden bewerben?

1. Verstehen
In dieser Phase versuchen wir die Zielgruppe der Nutzer zu verstehen. Welche Bedürfnisse hat der Nutzer und was möchte der Nutzer/Kunde was wir für ihn tun? Von welchen Jobs möchte er, dass wir sie für ihn erledigen? Hier kann die Erstellung einer Persona hilfreich sein, sowie die Beschreibung der “jobs to be done” “Pains and Gains”. I
n obigem Beispiel könnte sich herausstellen, dass wir uns auf Student*innen zwischen 22 und 28 Jahren aus einem bestimmten Studienfach fokussieren, die ihre Daten in 90 Sekunden online in einer Bewerbungsplattform eingeben können, beispielsweise in Form eines kurzen Videoclips. Die Frage könnte lauten: Warum würde Deine beste Freundin/Dein bester Freund Dich einstellen?

2. Beobachten
Diese Phase ist eine besonders wichtige Phase und erfordert viel Empathie. Über qualifizierte Interviews in Form eines „Needfinding“ wollen wir zum Kern der Bedürfnisse unserer Kunden oder der Zielgruppe vordringen. Was beschäftigt sie wirklich?
In unserem kleinen Beispiel ergibt das Needfinding, dass die Studentinnen dem Videoclip skeptisch gegenüber stehen, weil sie nicht davon überzeugt sind, dass es möglich ist, in so kurzer Zeit ein professionelles Video zu erstellen, dass der heutigen Form einer schriftlichen Bewerbung entspricht.
Bei den Studenten stellt sich heraus, dass sie nicht wollen, dass der Videoclip bis in alle Ewigkeit gespeichert wird und auch in 20 Jahren noch eingesehen werden kann. Die Folge wäre, dass niemand aus der Zielgruppe die Plattform zur Bewerbung nutzen würde.

3. Standpunkt definieren
Nach den Erkenntnissen aus dem Needfinding ist es notwendig den Standpunkt zu definieren. Wo stehen wir jetzt? Einen schnellen Aufschluss geben die  Methoden des  „Point of View“ und/oder der „Empathie Map“.
Es ist danach zu fragen, ob wir eine Lösung für die Bedürfnisse der Zielgruppe finden können oder ob wir unsere Idee begraben wollen. 
Es könnten sich folgende POV-Sätze ergeben:
– Unsere Bewerberin muss sich in 60 Sekunden per Video bewerben können, ohne Angst zu haben, dass das Video einer bestimmten Form entsprechen muss.
– Unser Bewerber muss die Gewissheit haben, dass das Bewerbungsvideo nach dem Bewerbungsverfahren unwiederuflich gelöscht wird.

4. Ideen finden
In dieser Phase geht es nun in den kreativen Prozess der Ideenentwicklung. Hilfreich ist es, mit dem zweiten Teil der Value Propositions zu beginnen, d.h. mit den “Pain Relievers” und den “Gain Creators”. Den Abschluss bilden dann die Produktideen. Die Ideenentwicklung kann mit Hilfe von verschiedenen Kreativitätstechniken erfolgen. Diese sind vom Moderator entsprechend vorzuschlagen. Hilfreich kann das Brainstorming oder die 635-Methode sein. Gerne arbeiten wir auch mit der Walt Disney Methode. 
In unserem Beispiel der Bewerbungsplattform könnte das bedeuten, dass die bisherige Frage “Warum würde Deine beste Freundin/Dein bester Freund Dich einstellen?” in folgende Frage: “WER BIST DU?” geändert wird. Auch könnte die Idee sein, Beispielvideos von Mitarbeitern des Unternehmens mit dieser Frage zu veröffentlichen. Mitarbeiter, die aus den verschiedensten kulturellen und sprachlichen Hintergründen kommen. Die Videos könnten zweisprachig aufgenommen werden um eine große Vielfalt zum Ausdruck zu bringen und um den Bewerber*innen die Angst vor der Form zu nehmen. Den Bewerbern kann die  Sicherheit vermittelt werden, dass die die Videos nach dreimaligen Ansehen automatisch gelöscht werden.

5. Prototyp entwickeln
Der erste und schnellste Weg einen Prototypen zu entwicklen ist eine Serviettenskizze zu zeichnen. Wie soll die Plattform aussehen? Was soll möglich sein? Wie ist die Benutzerführung? In einem zweiten Schritt kann daraus ein mockup werden, d.h. eine Prototyp oder Demonstrator ohne Funktionalität im Hintergrund. Erst nachdem der mockup im letzten Schritt bestätigt wurde, wird in die Entwicklung eines finalen Prototyps eingestiegen. Dieser Schritt ist der Schritt, der die größten Entwicklungskosten verursacht. 
In unserem Beispiel könnte der mockup in Form einer kleinen Plattform mit der Software Bootstrap entstehen. So können sich die StakeHolder ein Bild von dem Prozessstand machen. Ebenfalls kann der mockup für die Befragung der Nutzer genutzt werden

6. Reflektion/Test
Wie bereits in Punkt 5 angedeutet, ist hier der wichtigste Punkt den Mockup oder den Demonstrator mit den Nutzern bzw. Kunden zu reflektieren. Entspricht die Umsetzung den Bedürfnissen der Zielgruppe oder muss im Prozess nachgebessert werden? Noch sind die Entwicklungskosten im Verhältnis zu einer Vorgehensweise im Wasserfallmodell sehr gering .
In unserem Beispiel könnte dies bedeuten, dass die in Schritt 2 befragen Nutzer*innen nun nochmals mit Hilfe des mockup oder des Demonstrators befragt werden um zu sehen, ob sie sich jetzt bewerben würden. Wenn das Ergebnis durchweg positiv ist, kann es an die Umsetzung, die Entwicklung des ersten funktionalen Prototypen gehen.

Der Prozess kann innerhalb von 3 bis maximal 6 Monaten mit 4 Workshoptagen von unserer Seite moderiert werden. Dabei arbeitet das Team punktuell an einzelnen definierten Tagen an dem Thema. Der zeitliche Umfang wird im Vorfeld budgetiert. Das TimeBoxing hilft bei der Fokussierung auf das Ergebnis. Nach jedem Worshoptag haben die StakeHolder die Möglichkeit den Prozess zu beenden oder ihr OK für die Fortführung zu geben.

Geschichtliche Entwicklung

Die geschichtliche Entwicklung des Design Thinking geht zurück bis in die zwanziger Jahre des Bauhaus in Dessau. Damals wurde die Grundidee „form follows function“ – eine ästhetisierte Nutzerzentriertheit ins Leben gerufen und dies kann als Geburtsstunde des Design Thinkings betrachtet werden. Gropius entwickelte damals die Bauhaus-Lehre.  Individuell geprägt wurde der Unterricht durch die verschiedenen Meister. Herzstück der Gestalter-Ausbildung war das Experimentieren und Entwerfen in den Bauhaus-Werkstätten, wo die Trennung von Lehre und Praxis weitgehend aufgehoben war. Als Zentrum der Arbeit kann die Synthese von Kunst und Handwerk (1919 – 1933) angesehen werden.

Design Thinking ist eine Methode, um nutzerzentrierte Produkte und Services in multidisziplinären Teams zu entwickeln. Dabei stehen Empathie für den Nutzer und praktische Kreativität im Vordergrund. Nicht nur reden, sondern machen! Es ist aber noch viel mehr als eine Methode, es ist eine andere Art Probleme anzugehen. Im Arbeitsalltag angewandt, entfaltet sich sein Problemlösungspotenzial zu einer lebendigen Innovationskultur. Vor allem dann, wenn ganzheitliche und nutzernahe Lösungen gefragt sind. Design Thinking ist heute in der Software die Syntheses von Kunst (Design) und IT.

Anfang der 1960er Jahre wurde festgestellt, dass die Arbeit von Designern mit anderen Disziplinen unter anderem aus der Konstruktion und dem Ingenieurwesen häufiger vorkam. Dabei entstanden Kommunikationsprobleme bezüglich der einfachen und klaren Erläuterung des Design-Prozesses. Dies geschah auf Grund fehlender Theorien und Methoden. Als Lösung wurden die übergeordneten, umfangreichen Probleme in Teilprobleme zerlegt und zunächst jeweils dafür eine Lösung konzipiert. Die einzelnen Lösungen wurden dann anschließend wieder zu einer Gesamtlösung zusammengeführt. Aus diesen Ansätzen wurde dann die Vorstellung geboren, „Design als sozialen Prozess zu definieren“. Hierbei stand die Formulierung der Probleme und Aufgaben, die zu lösen sind, im Vordergrund.  Dadurch wurde ein gemeinsamer Ausgangspunkt für alle am Innovationsprozess Beteiligten definiert.

Im Jahr 1991 wurde im Rahmen des Symposiums „Research in Design Thinking“ wahrscheinlich zum ersten Mal der Begriff „Design Thinking“ einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Anschließend wurde der Begriff in das Beratungsunternehmen IDEO gebracht. Dort wurden von David Kelley die Inhalte definiert, die als Grundlage für den Ansatz des Hasso-Plattner-Institutes dienen.

Am Ende der 1990er Jahre war das Wissen um die Effizienz des Ansatzes zur Findung von neuer Lösungen weit verbreitet. Dies hatte zur Folge, dass das Design Thinking von zahlreichen Beratungsunternehmen und anderen Firmen auf verschiedene Arten eingesetzt wurde. Unter anderem variieren die Ausprägungen in der Anzahl der durchzuführenden Phasen. Ebenso in den Methoden zur Ideenfindung, die innerhalb der einzelnen Phasen z.B. für das Brainstorming angewendet werden.