Wozu eine Abgrenzung?
Wir werden bei unseren Projekten regelmäßig gefragt, worin die Abgrenzung der beiden agilen Methoden liegt. In der Lehre findet diese Abgrenzung meist nur beiläufig statt. Grund dafür ist, dass es sich meist um zwei unterschiedliche Vorlesungen bzw. bei den Unternehmen meist um unterschiedliche Projekte handelt. In dem Buch Sprint – Solve Big Problems and Test New Ideas in Just Five Days von Jake Knapp werden die beiden Ansätze miteinander verknüpft. Bitte machen Sie sich selbst ein Bild darüber, ob die dargestellt Verknüpfung für Sie hilfreich ist. Eine entsprechende interdisziplinäre Zusammensetzung der Teams und die Begleitung / Moderation durch einen erfahrenen Coach, macht aus unserer Erfahrung eine Entwicklung in 5 Tagen möglich.
Im Erfahrungsaustausch und in der Praxis, vor allem bei IT-Projekten und insbesondere bei der App-Entwicklung stellt sich häufig heraus, dass zuerst ein Design Thinking Projekt gestartet wird. Häufig auf Ebene des Produktmarketing und hoffentlich unter Einbezug der Fachabteilungen. Zu Beginn stehen dann Ziele im Mittelpunkt, die wie folgt definiert sind:
- Wir wollen eine App die durch die Decke geht!
- Wir wollen eine App die unsere Kunden zufrieden stellt!
- Wir wollen eine App, mit der wir mehr verkaufen können!
Mit diesen Zielen lässt sich nicht wirklich etwas anfangen. Wann geht eine App durch die Decke? Wann sind die Kunden mit der App zufrieden? Im weiteren Verlauf des Prozesses und mit einem guten Design Thinking Coach entsteht im Prozess der Innovationsentwicklung eine Produktidee und ein Prototyp beispielsweise für eine App. Dieser Prototyp ist im besten Fall in einer PPT oder besser in einem kurzen Vyond-Video visualisiert. In den seltensten Fällen findet die Visualisierung in Form eines MockUp mit beispielsweise InVision statt, weil in dem Prozess keine IT-Mitarbeiter, Softwareentwickler und PO’s eingebunden waren. Zur Vorbereitung der App-Entwicklung wird nun ein Pflichtenheft für die IT-Abteilung oder für den Dienstleister erstellt. Im besten Fall sind zu diesem Zeitpunkt bereits User-Storys in einem Produktbacklog vorhanden und priorisiert.
Wo findet nun der Übergang oder die Abgrenzung statt?
Kommt nun die IT-Abteilung oder ein IT-Dienstleister für die Entwicklung ins Spiel, findet der Übergang von der Innovationsgestaltung zur Innovationsentwicklung statt. Dies ist der Moment, in dem der Design Thinking – Prozess endet und der SCRUM-Prozess, sofern agil entwickelt wird, beginnt.
Sofern die IT-Abteilung oder der Dienstleister bisher nicht eingebunden war, wird nun eine Evaluierungsprojekt im Vorfeld durchgeführt. Sind die User Storys mit den Akzeptanzkriterien überhaupt in der vorgegebenen Weise umsetzbar? Können die Anforderungen des Pflichtenheftes, so wie diese in der PPT visualisiert wurden, umgesetzt werden?
Bei vielen Projekten ist dies der Zeitpunkt des Erwachens, weil die Ideen von der Realität eingeholt werden und nun werden nicht selten 30 bis 50% der Anforderungen / User Storys gestrichen. In einem agilen Prozess wäre spätestens nun der Zeitpunkt für eine Reflektion der Idee und ein Sprung in die Phase I bzw. II – Verstehen und Beobachten – des Design Thinking – Prozesses notwendig. Leider wird dies häufig nicht durchgeführt sondern eher nach dem Wasserfallprinzip 30 bis 50% der Anforderungen gestrichen und begonnen zu entwickeln. Ob dies Sinn macht wird nicht reflektiert.
Sofern agil entwickelt wird und die Stakeholder / Fachabteilung durch den PO weiterhin in die Reviews eingebunden werden, verändern sich die Anforderungen in Form der User-Storys naturgemäß. Manche Storys stellen sich als überflüssig, andere als weniger wichtig heraus. Neue Storys kommen hinzu und werden höher priorisiert. Meist ändert dieser Prozess das Produkt auf eine gute Weise. Allerdings wird sehr selten in diesem Prozess die Ausgestaltung im Hinblick auf die Ausgangsfrage und das Nutzerbedürfnis reflektiert.
Hier empfehlen wir, nach einer bestimmten Anzahl von Sprints in den Design Thinking – Prozess zu gehen um zu sehen, ob wir die Challenge bzw. die How might we – Frage noch im Blickfeld haben.