Bitte nicht falsch verstehen: Die Weiterentwicklung von Produkten auf der horizontalen Ebene ist per se nicht schlecht – sie birgt aber Probleme, wenn wir gar keine anderen Perspektiven mehr einnehmen und alternative Lösungswege suchen bzw. zulassen. Denn dann werden wir “extrem” und setzen wir uns der Gefahr aus, vom Markt überholt zu werden. Eine spannende Studie im “nature”-Magazin hat nun aufgezeigt, dass dieses Risiko durchaus real – und quasi in uns verankert ist.
Sie zeigt nämlich, dass es für die meisten Menschen schwierig ist, bei Problemlösungen auf “subtraktive Strategien” zu setzen. Das heißt, dass es uns schwerer fällt, Lösungsansätze zu finden, bei denen der status quo analysiert und dann die Aspekte davon gestrichen bzw. entfernt werden, die uns bei der bestmöglichen Lösung hindern. Vielmehr tendieren wir dazu, die Ausgangssituation als gesetzt und gegeben zu betrachten und darauf aufbauend eine Lösung zu finden (“additive Strategie”).
Die Studie stellt verschiedene Thesen auf, warum das so ist: Zum Einen ist es in vielen Fällen schlicht erlerntes Verhalten, d.h. wir haben auf persönlicher Ebene die Erfahrung gemacht, “dass mehr besser ist”, so dass der Zugang zu additiven Strategien generell leichter fällt, da diese Denkweise “natürlich” geworden ist. Zum Anderen bergen subtraktive Strategien das Risiko, abwertend oder “minderwertig” wahrgenommen zu werden – das Entfernen kann ja schließlich nur bedeuten, dass etwas “nicht gut genug” war, oder noch schlimmer, dass man sich das Hinzufügen vielleicht “nicht leisten” konnte – oder? Und letztlich ist da noch das Problem der sunk costs, dem bereits investierten Aufwand, Geld etc., die man ja nicht einfach wegwerfen kann.
Generell ist unser Gehirn bekanntlich darauf angelegt, Routinen zu bilden und bekannte Wege zu verfolgen – im Sinne der Reaktionsgeschwindigkeit und Effizienz. Den status quo zu hinterfragen ist anstrengend und erfordert Perspektivwechsel und Denkarbeit.
Wozu führt das?
Bezogen auf die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen ist dies der Weg der “extremen” Weiterentwicklung. Die Produkte tendieren dazu, über die Zeit immer größer, mächtiger, umfangreicher zu werden – mit verschiedenen Konsequenzen, wie steigenden Herstellungskosten, höheren Wartungsaufwänden und immer größerer Komplexität.
Außerdem, und das ist fatal, werden wir blind für das Risiko “ausgehebelt” zu werden – durch kleinere, schlankere, smartere Konkurrenzprodukte, die durch “radikale” oder “disruptive” Denkmodelle entstehen. In unserem ERD-Modell, haben wir diese verschiedenen Strategien für die Produktentwicklung aufgezeigt und die passenden Methodensets dafür zusammengestellt.
Die Studie legt nun sehr schön dar, dass es aktive Steuerung braucht, um der Falle der extremen Produktentwicklung zu entgehen, bzw. diese konsequent zu hinterfragen. Denn die Ansätze dazu sind gewissermaßen “hardcoded” in unserem Wesen. Wie dieser schwierige Schritt gelingt, und welche Alternativen es gibt, das zeigen wir in unseren Coachings und Seminaren.