Eine wichtige Voraussetzung für die Strategieentwicklung ist die Bestimmung der Ausgangssituation und die Festlegung der Ziele. Wo beginnt unser Weg und wo wollen wir hin? Dies sind die beiden wesentlichen Fragestellungen.
Frage 1: Wo beginnt unser Weg? (Standortbestimmung)
Für die Beantwortung der Standortfrage können folgende Methoden herangezogen werden:
- Kundennutzenanalyse
- SWOT
- Wettbewerbsstrategie nach Porter
- BCG-Matrix
- Produktlebenszyklusanalyse
Diese Methoden mögen nicht mehr die Neuesten sein – sie haben aber durchaus ihren Nutzen. Tips und Details zur Anwendung finden sich bei Bedarf im Kapitel 9 – Methoden und Werkzeuge.
Im Bereich der Produktstrategie empfiehlt sich die Standortbestimmung mit Hilfe des Produktlebenszyklus wichtig. Dies lässt sich schnell durchführen und gibt den ersten Anhaltspunkt für die “Marschrichtung”, d.h. Art und Weise der weiteren Produktentwicklung.
Die Produktlebenszyklus-Theorien, die auf die Arbeiten von Raymond Vernon (1966) und Hirsch (1967) (Produktlebenszyklus nach Vernon) zurückgehen, unterteilen das „Leben“ eines Produktes auf dem Markt in vier Phasen: Einführungsphase, Wachstumsphase, Reife/-Sättigungsphase und Rückgangs/-Degenerationsphase. Sie beschreiben, wie neue Produkte auf den Markt (Produktinnovation) kommen und bereits eingeführte den ständig wechselnden Marktverhältnissen angepasst (Produktvariation) werden. Eine bereits vorhandene Produktlinie wird um eine weitere Variante ergänzt (Produktdifferenzierung), Aufnahme neuer Produktlinien, die horizontal, vertikal oder lateral in Beziehung zu den bisherigen stehen (Produktdiversifikation), wirtschaftlich nicht mehr tragfähige Produkte werden aus dem Markt genommen (Produktelimination).
Standort I:
Bei diesem Standort wurde ein neues Produkt auf den Markt gebracht. Allerdings entwickelt es nicht die von uns gewünschte bzw. prognostizierte Entwicklung. Es scheint alles darauf hinzudeuten, dass das Produkt floppt (gestrichelte Linie). Hier ist die Frage, wie das Produkt wieder auf Erfolgskurs zu bringen ist oder ob das Produkt radikal neu gedacht werden muss. Als dritte Variante kann auch ein disruptiver Ansatz verfolgt werden.
Standort II:
Bei der Phase II ist das Produkt am Ende seines Produktlebenszyklus angekommen. Es sind hier drei Fragen zu klären:
- Kann der Produktlebenszyklus verlängert werden oder/und
- Muss das Produkt radikal neu gedacht werden oder
- Müssen wir einen neuen disruptiven Ansatz verfolgen um uns selbst zu kannibalisieren, bevor es ein anderer tut.
Der Zusammenhang dieser drei Fragen lässt sich wie folgt darstellen:
Für die Beantwortung der Standortfrage können folgende Methoden herangezogen werden:
- Kundennutzenanalyse
- SWOT
- Wettbewerbsstrategie nach Porter
- BCG-Matrix
Diese Methoden mögen nicht mehr die Neuesten sein – sie haben aber durchaus ihren Nutzen. Tips und Details zur Anwendung finden sich bei Bedarf im Kapitel 9 – Methoden und Werkzeuge.
Frage 2: Wo wollen wir hin? (Zielsetzung)
Das Ergebnis dieser Frage ist die Formulierung einer Geschäfts- bzw. Produktstrategie.
Zur Erarbeitung der Zielsetzung kann die Beantwortung folgender Fragen helfen:
Welchen Nutzen wollen wir stiften?
Diese Frage ergibt sich entweder aus dem Unternehmensleitbild oder der Unternehmensvision. Ist beides nur aus Gründen der PR vorhanden führt diese Frage zu einer Leitbilddiskussion. Ein Leitbild ist, wie der Name bereits vermuten lässt, ein Bild, eine Metapher, die die Mitarbeiter und vor allem die Mitarbeiter in der Produktentwicklung, im Marketing und im Vertrieb im besten Sinne des Wortes leiten. Eine Richtung, eine normative Leitlinie anhand der Orientierung möglich ist.
Das Leitbild ist auch als Maßgabe in der Entwicklung von Kunden und Produkten zu verstehen. Ein einfaches Beispiel: Wer sich in seinem Leitbild zur Aufgabe gemacht hat, ökologisch nachhaltige Produkte zu erstellen, muss in der Produktentwicklung darauf achten, entsprechende Materialien zu verwenden. Auch in Bezug auf die Verpackung und Verarbeitung. Sonst wird das Unternehmen unglaubwürdig und verspielt Vertrauen.
Wie schaffen wir eine WIN / WIN / WIN Situation?
Eine Win/Win/Win – Situation entsteht dann, wenn alle Beteiligten von dem Geschäft profitieren. Dieser Profit muss nicht rein monetärer Natur sein. Ein Gewinn, kann sich auch in Form von Qualität, Image, Sozialen Engagement etc. niederschlagen. Wichtig ist bei der Entwicklung der Produkte und der Geschäftsstrategie alle Beteiligten im Blick zu haben. So wie eine Mutter auch nach allen ihren Kindern schaut. Diese Frage ist eine weibliche, eine feminine Frage und kommt in der Praxis häufig zu kurz. Nach wie vor finden sich im Management und in der Strategieentwicklung zu wenig weibliche Qualitäten wieder. Vieles ist an Gewinnern und Verlierern ausgerichtet. Einem männlicher hierarchischer Ansatz des reinen Wettbewerbs. Das “Motherboard” beispielsweise wurde nicht umsonst an der Westküste Amerikas entwickelt. Im damaligen Europa wäre dies nicht möglich gewesen. Zu stark war der Einfluss des patriarchalen von Hierarchien geprägten Systems. Die Hippiebewegung in Amerika und die damit verbundene Änderung des Denkens machte diese Entwicklung möglich. “Motherboard” ist weit mehr als die Platine eines Rechners. Es ist die manifestierte Änderung des Denkens zu einer bestimmten Zeit. Der Begriff drückt dies in besonderem Maße aus. Das Silicon Valley entwickelte sich in den letzten 30 Jahren zum Zentrum der HighTec -Entwicklung nicht zuletzt deshalb, weil dort das Denken in jede Richtung erlaubt ist und es Investoren gibt, die bereit sind in ver-rückte Ideen zu investieren. Ver-rückt im Sinne von, der Norm ver-rückt, weggerückt, abweichend und eben auch disruptiv.
Wie ist das Erfolgsprofil für die Markt- und Produktentwicklung?
Sind Vorschläge für die Markt- und Leistungsentwicklung im Rahmen der Optionenfindung (Phase II und III des Strategieprozesses) erarbeitet, empfiehlt sich eine Einschätzung bezüglich Ihrer Aussicht auf Erfolg. Naturgemäß gibt es kein Verfahren, das mit absoluter Verlässlichkeit die Erfolgsaussichten von neuen Produkten bestimmen kann. Aus verschiedenen empirischen Quellen und aus der Beobachtung von erfolgreichen und gescheiterten Innovationen kann aber ein Erfolgsprofil gewonnen werden. Nun wird dieses Profil für die wichtigsten Produktideen durchgeführt. Die Auseinandersetzung mit den Erfolgsfaktoren zwingt dazu, den Vorschlag für eine Markt- und Leistungsentwicklung zu konkretisieren. Viel zu oft werden Ideen geboren und im ersten emotionalen Überschwang für gut befunden, ohne sich ein realistisches Bild über Markt, Leistung und Umsetzung zu machen. Ein Zuviel an Kreativität ohne die entsprechende Fundierung kann gefährlich sein, weil sie ein Unternehmen in die Irre leitet und die Kräfte in viel zu vielen neuen Projekten verzettelt. Nur bei einem klaren Bild und im Großen und Ganzen mit positiven Werten im Profil besteht eine realistische Chance auf Markterfolg für Innovationen. Dies ist keine Garantie, aber ein Indikator für die Plausibilität einer Option für die Markt- und Leistungsentwicklung (Produktentwicklung). Es ist sinnvoll bei der Entwicklung eines neuen Produktes die Erfolgsfaktoren des Marktumfeldes, der Marktleistung und der Umsetzung in der Produktentwicklung zu beleuchten. Dies geschieht am besten anhand einer Art Fieberkurve, dm Erfolgsprofil. Daraus lässt sich relativ schnell visuell erkennen, wie die Marktchancen eines neuen Produktes sind.
Welchen konkreten Nutzen hat der Kunden von unserem Produkt?
Was will der Kunden und welche Qualität zu welchem Preis wollen wir dem Kunden bieten. Die Antwort ergibt sich meist aus der Erarbeitung einer Kundennutzenanalyse aus dem Qualitätscockpit bzw. dem Attribute Chart, ergänzt um die Erarbeitung von Strategie- bzw. Produktoptionen. Für die Erarbeitung der Produktoptionen eignet sich das Format der Value Propositions des Business Canvas Modell. Dies findet i.d.R. innerhalb eines Strategieprozesses statt. Ein möglicher Strategieprozess ist in der nachfolgenden Graphik dargestellt.
Ein Business Model Canvas enthält neun Felder mit Schlüsselfaktoren. Sie müssen nach und nach mit Inhalt gefüllt und in eine sinnvolle Beziehung zueinander gebracht werden. Bei den Schlüsselfaktoren handelt es sich um:
1. Schlüssel-Partner: Je nach Geschäftsmodell bietet es sich an, eine strategische Partnerschaft einzugehen, um die Effektivität des Unternehmens zu steigern und Risiken auf mehrere Schultern zu verteilen. Frage: Wer kommt als Partner in Frage?
2. Schlüssel-Aktivitäten: Um ein Produkt herzustellen oder eine Leistung zu erbringen, sind bestimmte Tätigkeiten notwendig. Frage: Welches sind die wichtigsten Tätigkeiten, um dieses Geschäftsmodell in die Tat umzusetzen?
3. Kundennutzen: Jedes Produkt und jede Leistung hat eine Aufgabe: ein Problem des Kunden zu lösen oder ein Bedürfnis zu befriedigen. Jedes Produkt und jede Leistung muss dieses Nutzenversprechen enthalten: neuer, besser, stylischer, günstiger oder einfach nutzerfreundlicher als vergleichbare Angebote zu sein. Frage: Welchen Nutzen haben die Kunden, wenn sie das Produkt oder die Dienstleistung kaufen?
- “What job is she / he trying to get done?”
Um den Kundennutzen, die sogenannten Value Propositions zu erarbeiten, legt das Business-Model Canvas einen besonderen Schwerpunkt bei diesem Schritt.
4. Kunden-Beziehung: Kunden können persönlich bedient werden. Sie können auch von Sprachautomaten oder Internet-Software von einer Frage zu einer möglichen Antwort geführt werden. Wie man die Kundenbeziehung gestaltet, ist ein wichtiger Bestandteil des jeweiligen Geschäftsmodells. Frage: Wie können die in Frage kommenden Kunden gewonnen und gebunden werden?
5. Kunden-Arten: Jedes Start-up will ein Produkt oder eine Dienstleistung verkaufen. Als Kunden kommen je nachdem verschiedene Kunden-Arten in Frage: die Masse, einen Nische, diverse Kunden-Segmente. Frage: Welches ist die Kunden-Zielgruppe?
6. Schlüssel-Ressourcen: Eine Produktion zu bewerkstelligen und eine Dienstleistung zu erbringen, ist nur mit bestimmten Ressourcen möglich: Betriebsstätte, Personal, Startkapital usw. Frage: Welche Ressourcen sind unverzichtbar?
7. Vertriebs- und Kommunikations-Kanäle: Kunden kaufen nur, was sie kennen. Und das, was für sie erreichbar und verfügbar ist. Fragen: Wie erfahren Kunden von dem Angebot? Wie muss der Vertrieb aussehen?
8. Kosten: Jede Produktion und jede Dienstleistung ist mit Kosten verbunden. Sie fallen vor allem für die Aktivitäten, die Ressourcen und für Partner an. Frage: Welches sind die wichtigsten Ausgaben, ohne die das Geschäftsmodell nicht funktionieren würde? Zum Kostenplan.
9. Einnahmequellen: Es gibt oft mehrere Wege, mit demselben Angebot Geld zu verdienen. Einmalzahlungen bringen schnell Geld in die Kasse. Abonnenten versprechen dagegen kontinuierliche Einkünfte über längere Zeit. Frage: Woher kommt bei diesem Geschäftsmodell das Geld?
Das Business Model Canvas eignet sich dazu, um sein Geschäftsmodell zu entwickeln. Die Ergebnisse können in den Canvas-Rubriken ausformuliert und durch einen Finanzplan ergänzt werden. Die Ergebnisse können aber auch in den Businessplan einfließen. Er enthält alle wichtigen Überlegungen dazu, wie eine Geschäftsidee in die Tat umgesetzt werden kann.
Spielregeln: