Wettbewerbsstrategie nach Porter

Das Konzept der strategischen Hauptrichtungen (generic strategies) wurde von Michael Porter in seinem Buch Competitive Advantage: Creating and Sustaining superior Performance (1985) geprägt – auf Deutsch Wettbewerbsvorteile. Spitzenleistungen erreichen und behaupten. Porter geht davon aus, dass Unternehmen nur dann Wettbewerbsvorteile erzielen können, wenn sie sich auf eine strategische Hauptrichtung festlegen. Anderenfalls würden sie – in der Mitte festhängen (stuck in the middle) –  sie würden alles gleichzeitig versuchen und nichts davon erfolgreich durchsetzen.

Porter sieht zwei grundlegende Möglichkeiten, Wettbewerbsvorteile zu erringen: durch Kostenführerschaft oder durch Differenzierung. Als dritte Option sieht er die Konzentration auf eine begrenzte Anzahl von Marktsegmenten, Produkten o.ä. Eine solche Fokus-Strategie wird insbesondere dann als erfolgversprechend angesehen, wenn die Wettbewerber in der Mitte hängen, sich also nicht durch Kosten- und Preisführerschaft oder Differenzierung hervortun.

Die Strategie der Kostenführerschaft zielt darauf ab, durch niedrige Herstellungskosten auch niedrige Preise anbieten zu können und so die eigenen Marktposition zu sichern. Kostenführerschaft kann durch große Produktionsmengen (Erfahrungskurveneffekte, hohe Anlagennutzung) und präzise Kostenkontrolle (Rationalisierung, Qualitätsmanagement) erreicht werden. Als aktuelles Beispiel sind die low-cost-carrier Airlines wie go oder easy jet anzusehen. Sie schränken ihre Kosten soweit wie möglich ein (Nebenflughäfen, keine Tickets, kein klassisches Vertriebsnetz) und verzichten auf alle möglichen Zusatzangebote im Service-Bereich, mit denen sich traditionelle Fluglinien voneinander abzugrenzen versuchen (Zeitschriften, Essen an Bord).

Grundgedanke der Differenzierungsstrategie ist, dass die eigenen Produkte und Leistungen mit spezifischen Merkmalen versehen werden, die Wettbewerber nicht aufweisen. Das Produkt wird dadurch einzigartig. Die Kunden sind i.d.R. bereit, für diese zusätzlichen Merkmale, die dem Produkt aus ihrer Sicht einen höheren Wert geben, auch einen höheren Preis zu zahlen. Außerdem sind sie üblicherweise loyaler zu diesem Produkt, da es keine hundertprozentige Alternative gibt. Typischste Beispiele für diese Strategie sind alle Markenartikel, aber auch Zusatz- oder Serviceleistungen wie Lieferung, Montage, Garantie, Kundenzeitschriften usw.

In der Fokusstrategie konzentriert sich das Unternehmen auf konkret eingegrenzte Marktsegmente – Produktgruppen, Kundengruppen oder Regionen. Innerhalb dieser Zielsegmente kann das Unternehmen wiederum seinen Schwerpunkt auf Kostenführerschaft (Kostenfokus) oder Differenzierung (Differenzierungsfokus) legen. Fokusstrategien sind typischen Nischenstrategien. Sie erlauben dem Unternehmen, seine Kenntnisse, Kompetenzen und Fähigkeiten auf ein ganz bestimmtes Gebiet zu konzentrieren, sich zu spezialisieren und auf diesen Gebieten vom Wettbewerb abzuheben.

Porters Fokus-Strategie

Porter beschreibt es als den schlimmsten strategischen Fehler, „in der Mitte stehen zu bleiben“, oder gleichzeitig alle Strategien verfolgen zu wollen. Nach seiner Argumentation würden sich die Unternehmen, die sich für einen solchen Weg entscheiden, wegen der Differenzen zwischen den unterschiedlichen Strategien in Widersprüche verwickeln und keine von ihnen durchsetzen können.

Als Beispiel für ein Unternehmen, das sich nicht aus der “Mitte” hinausbewegen konnte, mag Rover dienen. Rover war zu klein, um ein Massenproduzent mit allen entsprechenden Kostenvorteilen zu sein. Rover gelang es nicht, sich ausreichend von allen anderen Automarken zu differenzieren, um ein höheres Preisniveau auch in den Augen der Kunden zu rechtfertigen. Und Rover war zu groß, um ein echter Nischenanbieter mit einer Fokusstrategie (wie etwa Porsche oder Morgan Cars) zu sein.

Porters Konzept der generischen Strategien ist in der Literatur viel kritisiert worden. Hauptvorwurf ist wohl, dass die von ihm geforderte Festlegung auf eine einzige strategische Hauptrichtung, die i.d.R. nicht kurzfristig geändert werden kann, das Unternehmen in seiner Flexibilität und seinen Handlungsmöglichkeiten erheblich einschränkt. Außerdem wird die gegenseitige Ausschließlichkeit dieser Strategien weitläufig nicht akzeptiert. Tatsächlich gibt es Beispiele für Unternehmen, die sich erfolgreich als Kostenführer etablierten und gleichzeitig deutlich von Wettbewerbern differenzieren. Benetton und IKEA setzen sich durch geschicktes Marketing eindeutig von allen anderen Anbietern ihrer Branche ab. Preislich liegen die Produkte jedoch – obwohl Markenartikel – eher im unteren Bereich. Die Erfahrung hat gezeigt, dass letztlich diejenigen Unternehmen, die erfolgreich Differenzierungs- und Kostenführerschaftsstrategien miteinander kombinieren können, die größten Chancen auf eine herausragende Marktposition und somit hohe Erträge haben. 

Unternehmen, die sich eindeutig auf eine dieser strategischen Hauptrichtungen festlegen, laufen Gefahr, bei Änderungen der äußeren Rahmenbedingungen nicht schnell genug reagieren zu können und somit in die Mitte zu gleiten. Die Grundlagen einer Kostenführerschaft können sich durch neue Technologien kurzfristig erheblich ändern. Auch eine Differenzierung kann durch Nachahmung durch Wettbewerber und ungenügende Erhaltungsmaßnahmen schnell verloren gehen.